Freitag, 11.10.
14.00–15.00 Uhr
Vortrag
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ANNA BROMLEY
Erzählen, Zuhören, Editieren und Lesen als Zeitpraxen in A Voice Exists in Voicing
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Moderation POLINA STOHNUSHKO
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Als Anna Bromley im Sommer 2022 die Tonaufnahmen zu ihrer Manifesta-Radioarbeit »A Voice Exists in Voicing« macht, reist auch die kosovo-albanische Diaspora an, die sich aus mehreren repressions- und kriegsbedingten Migrationswellen speist. Die Protagonist*innen in Bromley’s Arbeit gehören zu jenen, die in Prishtina, Peja, Fushë Kosova oder Mitrovica wohnen blieben. Weil ihre Nationalität und damit auch ihr Pass noch nicht von der EU anerkannt war, blieben sie auch im Sommer in und um den Kosovo. Aus unterschiedlichen Generationen und sozialen Umgebungen berichten sie von der Bewältigung ihrer Traumata: Mal nach Worten suchend, mal in Tiraden tasten ihre Stimmen erlebte Repressionen ab, gelangen ihre Erzählungen aus der Selbst-Organisation in eine mutlose, turbokapitalistische Gegenwart. Künstlerisch hat Bromley sich an Trinh T. Minh-ha’s Konzept des »Voicing« orientiert, das Trinh 1989 in ihrem Buch Woman, Native, Other als Form des (Self-)Repair einführte. Allerdings gab es unter dem Druck einer Biennalen-Produktion eher wenig Zeit für Repair-Momente. Also kam die Künstlerin danach noch einmal mit ihren Gesprächspartner*innen zusammen, um die Buchfassung von »A Voice Exists in Voicing« zu erstellen. In ihrem Beitrag reflektiert sie auf die Zeitlichkeit dieser vertiefenden Transkriptionen und Verdichtungen und ihrer unabgeschlossenen Korrespondenzen.
ANNA BROMLEY Einem kollaborativen Ansatz folgend, schickt die Künstlerin ihre Radiostimme auf die Suche nach polyphonen Erinnerungen jenseits von staatstragenden Sendern und Erzählungen. Oft kombiniert sie auditive Essays mit prozesshaften Zeichnungen. Bromleys ephemere Radioarbeit A Voice Exists in Voicing, produziert von der Manifesta in Prishtina, bildet den Kern ihres Künstler*innenbuchs I Speak Radio, das im Mai 2024 in Berlin erschien. Sie lehrt an der KHM – Kunsthochschule für Medien Köln.